Universal Migrator Part 1 - The Dream Sequencer
(2000)

Im Jahr 2000 präsentiert uns Ayreon - Großmeister episch, bombastischer SciFi-Konzeptalben - etwas ganz besonderes. Nachdem der Vorgänger "Into The Electric Castle" uns eine Doppel-CD bot, geht Ayreon diesmal einen anderen Weg. Seine neue Geschichte ist ebenfalls auf zwei CD's verteilt. Diese gibt es allerdings nicht als Doppel-CD zu kaufen, sondern es wurden zwei getrennte Einzel-CD's daraus gemacht. Dieser etwas ungewöhnliche Weg läßt sich aber erklären. Nicht Geldschneiderei (schließlich sind zwei einzelne CD's doch um einiges teurer als eine normale Doppel-CD) sondern wohl eher künstlerische Gründe gaben den Ausschlag für die Entscheidung.

So erzählt Ayreon erneut eine Science Fiction Geschichte aus der nicht mehr allzu fernen Zukunft. Musikalisch jedoch beschreitet er diesmal zwei verschiedene Wege. Auf Teil 1 des Doppelreleases herrschen eher atmosphärische Klänge vor, progressive Heavy-Metal Elemente gibt es auf "The Dream Sequencer" nicht. Progressiver Metal mit Bombast und Tempo wird dafür auf dem zweiten Teil "Flight Of The Migrator" geboten.

In der Annahme, daß die Klientel durchaus unterschiedlich sein kann - und die eine Hälfte eher auf melodisch, atmosphärische Musik steht, während die andere es gerne härter mag, wurden die beiden verschiedenen Facetten von Ayreons Musik diesmal auf zwei getrennte CD's aufgeteilt.

Die Geschichte selbst ist in einem Science Fiction Szenario angesiedelt. "Universal Migrator" erzählt die Geschichte des letzten überlebenden Mars-Kolonisten im 22. Jahrhundert. Die Erde wurde im Krieg zerstört. "The Final Experiment" hat leider fehlgeschlagen und die Visionen des blinden Sängers Ayreon konnten die Vernichtung nicht verhindern. Der Bezug zu Ayreons erstem Album findet aber nur im begleitenden Erzähltext im Booklet statt. Interessant ist die Reminiszenz an das erste Album aber auf jeden Fall, verbindet es die Werke doch mit einem roten Faden. Ayreons Alben geraten so zu einem großen Epos.

Der letzte Marskolonist begibt sich zu einer mysteriösen Maschine namens "Dream Sequencer", dies ist anscheinend ein Computer, der Menschen virtuell in die Vergangenheit führen kann, durch eine Art der "Präinkarnation", der Rückkehr zu früheren Zeitpunkten im eigenen und fremden Leben...

Und so begibt sich der Held auf den ersten Teil seiner Reise. Lied um Lied werden wir tiefer in der Vergangenheit geführt. Angefangen bei den noch glücklichen Tagen auf dem Mars, über den großen Krieg auf der Erde 2084 zur Mondlandung 1969 und immer weiter bis zum Auftauchen des ersten Menschen auf der Erde...

Nun zur Musik: Ayreon hat erneut eine illustre Schar an Gastmusikern um sich versammelt. Z.B. Johan Edlund von Tiamat, dann ist auch wieder Clive Nolan dabei, dazu gesellen sich Neil Morse von Spock's Beard, Damian Wilson (Ex-Threshold und Ex-Landmarq) sowie Lana Lane und die beiden Rocket Scientists Eric Norlander und Mark McCrite, um nur einige zu nennen.

Die CD beginnt mit einer kleinen Hörspielsequenz, man hört, wie der Held sich zum Dream Sequencer begibt und sich an die Apparatur anschließt. Schon bald folgen die ersten Synthieklänge und dann glaubt man plötzlich, Dave Gilmour von Pink Floyd würde die Gitarre zupfen... Ayreon läßt Erinnerungen an alte Pink Floyd Tage wach werden. Man fühlt sich an "Wish You Were Here" oder an einige Stücke von "The Division Bell" erinnert. Ayreon ist die Anlehnung an Pink Floyd sehr gut gelungen, allenfalls die Tatsache, daß gerade die "Wish You Were Here" Periode nicht das erste Mal zitiert wird, könnte einem den Spaß verderben. Die Musik jedoch klingt so gut, daß man das gerne verzeihen kann. Und mit dem zweiten Track - von Johan Edlund gesungen - greift Ayreon auch wieder seinen eigenen Stil auf. Edlund hat einen sehr düsteren Auftritt und erzeugt in "My House On Mars" eine sehr intensive, beinahe hypnotische Stimmung. Die intensive Stimmung wird die ganze CD über beibehalten und die Musik wirkt wirklich sehr harmonisch, aus einem Guß. Man muß diese CD als ganzes auf sich wirken lassen. Einzelne Stücke hervorzuheben fällt schwer. Es herrschen wunderbare Synthieklänge und Ayreons charakteristischer Gitarrenklang vor, alles sehr melodisch gehalten und mit Sängern, die wirklich ihr bestes geben.

Mit der Musik kann man sich davontreiben lassen, sich mit auf die Reise begeben und im Kopf die Bilder zu den Texten entstehen lassen.

Ayreon ist mit dem ersten Teil des Universal Migrators ein atmosphärisches Meisterwerk gelungen. Wer allerdings nur Prog Rock bzw. Prog Metal mag, dem könnte die Musik zu soft klingen (deshalb ja auch die Splittung in zwei CD's), verpaßt aber wirklich wunderschöne Melodien und eine absolut professionelle Produktion mit perfektem Klang. Wer also gerne atmosphärisch, melodische Musik mit großartigen Synthieklängen und epischen Gitarren mit vereinzelten Anleihen an Pink Floyd mag, der wird mit "The Dream Sequencer" seine Freude haben. Wer skeptisch ist, sollte vielleicht vorher reinhören, um sich selbst zu überzeugen.

13 Punkte