Chronometree
(2000 - Babb, Clouse, Marler, Moore, Schendel)
Glass Hammer
haben schon einige Alben veröffentlicht, die hierzulande
aber eher unbekannt sind. Mit ihrem letzten Werk "Chronometree"
konnten sie aber nun auch vermehrt das Interesse in Europa wecken.
Zu recht.
Glass Hammer frönen auf "Chronometree" etwas, das in Progkreisen
nicht gar so häufig anzutreffen ist: Humor und Ironie.
"Chronometree" ist ein Konzeptalbum über einen Progjünger
Ende der 70er Jahre, der zuviele Konzeptalben von Yes und Co.
gehört hat. Schließlich glaubt er, daß Außerirdische
ihm über die Konzeptwerke Botschaften übermitteln und
er eine Art Zeitmaschine bauen soll...
Das klingt nicht nur vollkommen durchgeknallt, das ist es auch.
Glass Hammer machen sich nun aber nicht etwa lustig und produzieren
eine Quatschplatte, die Ironie findet mehr im bewußten Zitieren
von Musikstilen statt. Die Musik selbst ist jedoch erstklassig
und überaus ernsthaft produziert. Glass Hammer führen
den Hörer auf knapp 45 Minuten durch diverse Spielarten und
durchaus auch gewollt durch einige Klischees des Progrocks, das
ganze aber so gekonnt und charmant, daß "Chronometree" selbst
ein kleines Meisterwerk geworden ist.
Die Musik auf "Chronometree" kann man am besten als eine starke
Melange aus ELP, Yes und einigen anderen Zutaten beschreiben.
Gerade die ELP- und Yes-Zitate sind sehr häufig gestreut,
man glaubt sich an "Tarkus" oder "Brain Salad Surgery" erinnert
oder im Falle von Yes an "Tales From Topographic Oceans" und "Awaken"
- die Keyboards von Fred Schendel sind in jedem Falle immer erstklassig
gespielt.
Die musikalische Arbeit von Glass Hammer wird den zitierten Bands
jederzeit gerecht und "Chronometree" macht von der ersten bis
zu letzten Sekunden Spaß. Ich verstehe das Werk durchaus
auch als Hommage an die große Zeit des Progrocks und den
bedeutungsschwangeren Werken, die daraus teilweise hervorgingen.
Man macht sich also nicht etwa lustig (schließlich spielen
Glass Hammer auch Progrock) - aber man betrachtet einige Auswüchse
des Progrocks mit Augenzwinkern. Das alles wird dann überaus
professionell in Szene gesetzt, daß jeder Liebhaber des
klassischen Progs bzw. eigentlich jeder Progfan, die Musik auf
"Chronometree" eigentlich sofort ins Herz schließen muß.
Nach dem Hören dieses Albums wird einem auch nochmal bewußt,
wie stark doch die klassischen Progbands die Neoprogbewegung beeinflußt
haben.
"Chronometree" sollte jedem Progfan gefallen. Glass Hammer haben
mit diesem Album eine sehr starke Arbeit abgeliefert. Sie beweisen
darüberhinaus einen feinen Sinn für Humor, etwas, das
man viel zu selten im Progrock antrifft.
14 Punkte
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