Kallocain
(2004 - Dimle, R. Huxflux Nettermalm, P. Nettermalm, Nylander, Wallén)

Irgendwo in Schweden. Eine Waldlichtung in der Abendsonne. Man hört ein Cello, das seltsam schräge Töne spielt. Verwundert reibt man sich die Augen als plötzlich eine verträumt schwebende Frauenstimme einsetzt und dazu aus dem Irgendwo ein schwermütig wummerndes Mellotron ertönt. Da ist es auch schon zu spät. Man ist im Bann gefangen und kann sich nicht mehr lösen.

Ok, Paatos sind keine Feen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, aber das Album "Kallocain" tut sein bestes, um den Zuhörer ins Traumland und darüberhinaus zu schicken. Die Musik bewegt sich zwischen Led Zeppelin, späten The Gathering, verbunden mit ein wenig Flair von King Crimson und einer wohldosierten Portion Jazzrock. Heraus kommen etwas mehr als 50 Minuten Musik, die wie für Melancholiker und Tagträumer gemacht zu sein scheint. Sängerin Petronella Nettermalm kann zuckersüß, verträumt, überirdisch schwebend und manchmal auch etwas verzerrt klingen. Egal wie sie singt: sie klingt dabei einfach hinreißend. Man verliebt sich praktisch sofort in diese Stimme und kann gar nicht genug von ihr hören. Die Band tut ihr allerbestes dabei, um die wunderschön komponierten Melodien mit der Extraportion Schwermut zu unterlegen. Manchmal sind es nur Tupfer, so wie beim Gitarristen Peter Nylander, dazu gesellt sich eine entspannte Rhythmussektion um den Ehemann der Sängerin und Schlagzeuger der Band, Ricard Huxflux Nettermalm, dann wiederum dürfen alle Musiker auch mal glänzen und zeigen, daß instrumental ebenfalls einiges unter der Haube steckt. Am prominentesten sind dabei die Tasteninstrumente von Johan Wallén. Er entlockt dem Mellotron Töne, die jedem Liebhaber dieses Instruments eine Gänsehaut bereiten werden.

Damit ist "Kallocain" erste Wahl und Pflicht für alle romantischen Seelen und Melancholiker unter uns. Und wer Porcupine Tree oder die letzten Alben von The Gathering mag der kann bei Paatos ins Schwelgen geraten. Besser kann man nordische Schwermut kaum in Musik kleiden. Gewiß haben Paatos davon auch profitiert, daß Porcupine Tree Vordenker Steve Wilson am Mix beteiligt war. Beinahe logisch ist es dann, daß Paatos dieses Jahr Porcupine Tree als Vorband auf deren Tour begleiten werden. Dieses Ereignis sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Bleibt zu hoffen, daß Paatos die Achtung und den Erfolg bekommen, den sie für "Kallocain" verdienen. Der nahende Herbst hat auf jeden Fall seine passende musikalische Untermalung gefunden. Und wer sich zu guter Letzt noch fragt, was der Albumtitel bedeutet: er entlehnt sich einer Science Fiction Geschichte der schwedischen Autorin Karin Boye.

13 Punkte